Die Energiewende braucht mehr Bürgerbeteiligung

Mehrere große technische Herausforderungen, vor denen die Energiewende anfangs stand, wurden inzwischen bewältigt. Vor 30 Jahren war noch vollkommen unklar, ob die Produktion von Solar- und Windstrom im großen Maßstab zuverlässig gelingen würde. Inzwischen liefert die Solar- und Windenergie zuverlässiger Strom in größeren Mengen und zu geringeren Kosten, als es noch vor zehn Jahren absehbar war.

Aber nun zeichnen sich die finanziellen Herausforderungen der Energiewende deutlicher ab. Sie waren lange Zeit eher unscheinbar, weil das bisher erfolgreichste Gesetz der Energiewende, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die Kosten gleichmäßig auf alle kleinen Stromverbraucher verteilte, sodass der Preis der Energiewende für die meisten Menschen „unsichtbar“ blieb. Es verfestigte sich die Illusion, dass die Energiewende fast nichts kosten und sich sozusagen von selbst finanzieren würde. Die Kosten des EEG waren aber nach und nach so stark angeschwollen, dass die Bundesregierung im Juli 2022 die Finanzierung übernommen hat. Also verschwanden sie wieder aus dem Blickfeld der Bürger.

Doch die Illusion, dass der Klimaschutz preisgünstig zu haben sei, hat sich inzwischen verflüchtigt. Denn im vergangenen Jahr löste die Bundesregierung mit ihrem Versuch, die Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern für die klimapolitisch erwünschte Installation von Wärmepumpen zur Kasse zu bitten, heftigen Widerstand aus. Obwohl Minister Habeck mit einer eigentlich recht üppigen Förderung winkte, fühlten sich die Angesprochenen überrumpelt. Darauf waren sie nicht vorbereitet.

Es wird immer mehr Bürgern klar, dass die nächsten Schritte der Energiewende teuer werden. Zwar liefern die Solar- und Windkraftanlagen den Strom inzwischen vergleichsweise preisgünstig. Vermutlich erheblich kostspieliger wird der Transport und die Verteilung des Stroms sowie dessen Speicherung in kleinen und großen Batterien. Und am Horizont zeichnet sich die langfristige Speicherung der Energie in Gestalt von unzähligen Elektrolyseuren ab, die alle erst noch gebaut werden müssen, damit wir in 20 Jahren genügend Wasserstoff zur Verfügung haben.

Bisher fehlte der Bundesregierung die Entschlossenheit, die Kosten der Energiewende wenigstens näherungsweise zu beziffern und die Finanzierung zu sichern. Diese Zurückhaltung wird die Wogen nicht glätten, im Gegenteil: In der Bevölkerung wächst die Befürchtung, man müsse große Opfer für den Klimaschutz bringen. Und die Kooperationsbereitschaft schwindet erfahrungsgemäß mit wachsenden politischen Druck. Die Menschen lassen sich ungern zum Klimaschutz zwingen.

Es war unklug, die Eigenheimbesitzer mit einer „Wärmepumpenpflicht“ zu verprellen, denn sie gehören in der Regel zu dem zahlungskräftigen Teil der Bevölkerung, und deshalb kommt es darauf an, sie für die Energiewende zu gewinnen. Anstatt sie mit kostspieligen Verpflichtungen zu bedrängen, wäre es sicherlich erfolgversprechender, ihnen die finanziellen Vorteile der Energiewende schmackhaft zu machen.

Der Gesetzgeber kann diesen Prozess beschleunigen. Zum Beispiel wird der niedersächsische Landtag in Kürze über ein Gesetz abstimmen, das die Betreiber von Wind- und Solarparks verpflichtet, den betroffenen Gemeinden eine vom Stromertrag abhängige Abgabe zu zahlen und den Einwohnern ein angemessenes Angebot zur finanziellen Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Anlagen zu unterbreiten. Dieses Modell, das sich möglicherweise auch auf die Installation von Überlandleitungen übertragen lässt, wird die Akzeptanz voraussichtlich deutlich verbessern.

Im nächsten Schritt sind Geschäftsmodelle denkbar, mit denen die kostspieligen Solarstromspeicher im Quartier finanziert werden und an denen sich möglichst viele Bürger mit geringem Risiko und einer auskömmlichen Rendite beteiligen können. Für die Finanzierung auf breiter Basis bieten sich Energiegenossenschaften an, an denen man sich schon mit einer kleinen Summe beteiligen kann. Um die Bedenken zu zerstreuen, dass diese Genossenschaften von Großinvestoren dominiert werden, sollte jedes Mitglied eine Stimme haben.

Die Initiative sollte von den Stadtwerken ausgehen, weil diese großes Vertrauen genießen. Das zeigte sich bereits in der Vergangenheit, wenn einzelne Stadtwerke Beteiligungen angeboten haben, um zum Beispiel die Errichtung kleiner Solarparks zu finanzieren. Dann wurden ihnen die Anteile aus der Hand gerissen. Und wenn Sparkassen und Volksbanken den Vertrieb dieser Anteile verantworten, wird das die Akzeptanz nochmals steigern.

Vertrauen und Akzeptanz sind zwei wichtige Säulen der Energiewende. Wenn diese fest gegründet sind, dann wird auch die Finanzierung gelingen.